Nun ist es also soweit! Wir sind in der Adventszeit angelangt. Die Hoffnung auf eine besinnliche und doch gemeinsame Zeit mit Glühwein und Co. an den zahlreichen Weihnachtsmärkten war im Sommer noch groß. Diese Hoffnung ist so schnell verpufft, wie die Infektionszahlen nach oben stiegen.
Sei’s drum, dann ist das eben ein weiterer Punkt an unwiederbringlichen Dingen, die wir 2020 nicht machen können. Diese Liste der nicht wiederkehrenden Ereignisse für das Jahr 2020 - kurz LDNWE - ist für jeden von uns unterschiedlich lang und von unterschiedlicher Bedeutung. Und doch hat jede dieser Listen eines gemeinsam: Es bedeutet Verzicht, Verlust und für manche Ereignisse eben ein endgültiges Aus. Gerade für junge Menschen sind manch solcher Ereignisse ein wichtiges Ziel in ihrer schulischen Laufbahn. Beispiel Maturaball, „Käpplefäscht“ oder die Maturareise (bis jetzt auch alles andere als sicher). Was wird sich der Maturajahrgang 2020/21 später bei Klassentreffen erzählen? Was wird dieser Jahrgang in der Stammkneipe um die Ecke der Uni den anderen sagen, die enthusiastisch von ihren Abschlussbällen erzählen? Das ist nur ein Bruchstück einer LDNWE. Und so setzt sich jede Liste individuell zusammen. Egal ob für Jung oder Alt, Familien oder Singles oder Gemeinschaftsgruppen. Jeder Punkt dieser Listen hat für irgendjemand unter uns eine Bedeutung und sollte nicht einfach so als „ist nun mal so und kann man nicht ändern“ abgetan werden. Vielmehr müssen wir jetzt für jede Sorge und jedes Bedürfnis noch offener sein, denn am Ende ist die jetzige Adventszeit für viele unter uns eine sehr einsame Zeit, weil sie sowohl physisch als auch psychisch alleine gelassen werden.
Advent bedeutet nicht nur eine Zeit der Gemeinsamkeit, sondern vom Ursprung her auch die Zeit der Ankunft. Gemeint ist die Ankunft Jesu Christi unter den Menschen, also seine Geburt in Bethlehem. Diese Bedeutung ist sicherlich etwas verloren gegangen, aber mit einigen symbolischen Ritualen wie Adventskranz oder etwas entfernter der Adventskalender werden wir in der Zeit des Wartens auf die Ankunft vorbereitet.
Vielleicht wäre es nach Weihnachten gar nicht so schlecht, wenn wir eine neue Adventszeit einläuten. Einen adventus vaccinus oder etwas frei übersetzt die Ankunft eines Impfstoffes. Vielleicht gibt es demnächst auch extra dafür angefertigte Advent-Impfstoff-Kalender mit digitalen Türchen, die uns jeden Tag die neuen Infektionszahlen präsentieren.
Ein Advents-Impfstoff-Kranz darf natürlich nicht fehlen. Kerzen, die nur ganz schwer auszupusten sind, damit man gleich seine Lungenleistung prüfen kann. Dann ist es endlich soweit! Der lang ersehnte Tag ist da, an dem endlich unser neuer Heiland in Form eines kleinen Impfdöschens auf die Welt kommt und die Könige der Welt mit vielen Gaben um die Gunst des ewigen Lebens (könnte man meinen) buhlen.
Dann am Ende wird durchgeimpft, was das Zeug hält. Tag und Nacht und wehe jemand lässt sich nicht impfen, aus welchen Gründen auch immer. Dann sind das die Ungläubigen. Die adventus-vaccinus-Querdenker. Wobei vor gar nicht allzu langer Zeit das Wort Querdenker noch positiv belegt war und mit dem man neue Ideen, die Freiheit der Gedanken und Innovationen verband.
Was aber, wenn nach der adventus vaccinus-Zeit immer noch Auflagen und Verbote gelten? War dann Kalender, Kranz und Hoffnung umsonst? Was, wenn es auch in Zukunft weiterhin für jeden einzelnen solche LDNWE gibt? Wir sollten bei all der Euphorie auf eine Zeit danach mögliche andere Varianten nicht außer Acht lassen.
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