Was wie ein Widerspruch klingt, ist es am Ende auch. Bewegung im Lockdown geht eigentlich gar nicht. Und doch hat die Bundesregierung in der Verordnung verankert, dass körperliche Tätigkeiten zur Fitness im Freien und möglichst alleine durchaus erlaubt sind. Mehr aber auch nicht. Dann ist schon Schluss mit lustig.
Das Land Vorarlberg möchte zusammen mit der Uni Innsbruck anhand einer Onlinebefragung ein situatives Bild zum Sportverhalten der Bevölkerung vor dem ersten Lockdown, während des Lockdowns, nach der Lockerung und im zweiten Lockdown erheben. Mitmachen kann jeder. Fast. Jeder ab 18 Jahren kann bei dieser Umfrage mitmachen. Aber welches Bild bekommen Land und Uni von dieser Befragung? In erster Linie von Bürgern, die im Lockdown selbstbestimmt ihr Freizeitverhalten gestalten können. Soll heißen, dass Menschen bei der Umfrage mitmachen, die selbst spazieren, wandern oder laufen gehen. Aber auch Menschen, die online ihre Yoga-, Pilates- und Tai-Chi-Kurse machen. Bei der Umfrage sind sicher auch zahlreiche Bürger dabei, die sportliche Aktivitäten eben nicht mehr in ihren Vereinen oder Fitnessclubs ausüben können und dürfen.
Bei der Umfrage wird auch abgefragt, ob der seelische Zustand sich in all den genannten Phasen verändert hat. Ebenso wird abgefragt, was während der Lockdownphasen positiv für die Probanden war und auch was negativ war.
Am Ende geht es der Landesregierung darum, ein Gesamtbild über die körperliche Grundfitness der Bevölkerung zu bekommen, vor allem während der Lockdownphasen. Daraus resultierend würde die Regierung mögliche zukünftige sportpolitische Entscheidungen auf den Weg bringen.
Das ist wie immer löblich, aber unterm Strich werden wahrscheinlich komplett falsche Daten zum IST-Zustand der Bevölkerung herauskommen. Warum? Weil die Umfragemethodik und die Fragen selbst viel zu einseitig sind, um ein Gesamtbild zu bekommen.
So wird in keiner einzigen Frage nach dem Wohlbefinden und den sportlichen Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen BIS 18 Jahren abgefragt. Und genau das ist meiner Meinung nach die Bevölkerungsschicht, die sich eben nicht aus Eigenverantwortung sportlich betätigt. Diese Gruppe benötigt den Antrieb auf Vereinsebene oder im Schulsport, da in vielen Haushalten die Eltern eben keine Motivationskanonen für sportliche Aktivitäten sind. Dieser Bevölkerungsanteil mit eher passiven Eltern ist größer als derjenige, der mit seinen Kindern in die Natur geht, wenn derzeit Sportvereine keine sportlichen Aktivitäten anbieten dürfen. Das gilt übrigens für jeden Verein, in dem soziales Miteinander gelebt wird.
Am Ende ist die größte Gruppe der Leidtragenden der Pandemie die Gruppe der Kinder und Jugendlichen. Da hilft es wenig, wenn die Fußballbundesliga, der alpine Skiweltcup und die Formel 1 über den Bildschirm flimmern. Wenn ich mir erlauben darf, an dieser Stelle jetzt schon eine sportpolitische Empfehlung zu geben, dann diese: Wenn Kinder und Jugendliche (gilt übrigens auch für alle ab 18 Jahren) sich nicht mehr sportlich betätigen (können), senkt das automatisch deren körpereigenes Immunsystem. Ergo ist diese Gruppe anfälliger für banale Infekte bis hin zum Corona-Virus. Etwas abgewandelt gilt das alte Sprichwort vom „gesunden Geist im gesunden Körper“. Was wir im Moment erleben ist ein Bewegungsstillstand und die Folgen davon werden wir noch länger spüren als die Pandemie selbst. Wie viele Kinder und Jugendliche aus sportlicher Sicht aufgrund dieses Stillstandes langfristig durch den Rost fallen, wäre dann eine eigene Studie wert.
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