Direkt zum Hauptbereich

Die eierlegende Wollmilchsau

 

 

Credit: VW

Sich einen Idealzustand schaffen oder eine Person wünschen, die alles kann und es jedem recht macht. Die eierlegende Wollmilchsau ist ein Synonym für etwas, das es nicht gibt und nie geben wird. Diesen Wunsch nach der eierlegenden Wollmilchsau finden wir derzeit in fast allen Bereichen unseres täglichen Lebens. Der Handel jubelt verhalten, da die Geschäfte wieder öffnen dürfen. Dadurch blickt man besorgt auf mögliche neue Infektionszahlen durch die Ansammlung von Menschen in relativ engen geschlossenen Räumen. Und mit spitzen-super-tollen Angeboten, die es nur jetzt und sonst nie wieder geben wird, warten schon alle Schnäppchenjäger ungeduldig auf das beste Fundstück ihres Lebens. Die Gastronomie verzweifelt immer mehr an den Restriktionen, denn durch den angebotenen Abhol- oder Zustellservice lässt sich das entgangene Tagesgeschäft niemals kompensieren. Bars, Clubs und Co. schauen sowieso durch die Finger.

Der Tourismus kommt sommertechnisch mit einem blauen Auge davon, was den Wintertourismus anbelangt, ist derzeit noch alles unsicher. Wie am Ende ein sicherer Skibetrieb aussieht, kann keiner wirklich vorhersehen. Am Ende wird mitunter ein neuer Lockdown die Konsequenz der Skisaison sein.


Im Bildungsbereich haben die Schulen zum Teil wieder geöffnet. Bis auf die Maturanten müssen sich Oberstufenschüler noch in Distanz gedulden. Ein ausgereiftes Konzept vermisst man hier. Hingegen geht es für die anderen Schüler mit Vollgas in den Schulalltag mit Prüfungen und Schularbeiten bis zu den Weihnachtsferien. Gut, dass da vergangenen Montag einige Schulen noch auf den schulautonomen Tag bestanden. Gut, dass einige Lehrer während der Phase des Distance-Learnings neuen Stoff vermittelt haben und - noch besser - diesen jetzt gleich in den Schularbeiten abfragen. Gut, dass damit alle Empfehlungen vom Bildungsministerium und der Bildungsdirektion völlig ignoriert wurden. Das eben alles zum Wohl der Schüler. Aus allen Ecken kommt Kritik an der Maskenpflicht für die Schüler, aber Home-Schooling als Alternative will ja auch keiner mehr.

Der langersehnte Impfstoff wird kommen, aber mit einer Bereitschaft von gerade einmal 31 Prozent freiwilliger Beteiligung im Ländle bei den Massentests vergangenes Wochenende wird wohl auch eine freiwillige Durchimpfung ebenso gering sein. Dadurch könnte uns das Thema Corona und die damit verbundene Belastung des Gesundheitssystems noch länger beschäftigen.

Hier bräuchte man für jedes System eine eierlegende Wollmilchsau. Damit es jedem recht gemacht wird. Das geht aber nun mal nicht und um den Karren nicht endgültig an die Wand zu fahren, müssen wir alle mit den derzeitigen Verordnungen leben. Rückblickend sind das aber Konsequenzen aus unserem Nichttun und zahlreichen Versäumnissen der Regierung kurz nach dem Sommer. Polemische Aussagen über Reiserückkehrer aus den Balkanländern von Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht nur KURZsichtig, sondern auch diffamierend, denn eine große Zahl der Reiserückkehrer waren Österreicher ohne Migrationshintergrund mit Ballermannmentalität.


Bleibt am Ende nur die Frage, ob diese derzeitigen Puzzlemaßnahmen in verschiedenen Bereichen nur die Summe eines Gesamtversäumnisses sind, das Österreich es mit seiner typischen Freunderlwirtschaft-Mentalität schlicht und einfach nicht geschafft hat besser mit der Pandemie umzugehen. Was es aber zeigt: In Bereichen, in denen es schon vor der Krise gekränkelt hat, wird dies durch die Pandemie nur noch mehr verstärkt. Da hilft der Wunsch nach einer eierlegenden Wollmilchsau auch nichts mehr.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Leistbare Perspektiven fehlen

Als ich mich kürzlich mit einem Kollegen unterhalten habe, meinte er in einem Nebensatz zur Thematik Teuerung, Inflation und Co., dass es auf die Perspektive ankomme. Er selbst war drei Wochen in Norwegen im Urlaub. Dort sei alles so unvorstellbar teuer, dass das Leben bei uns wieder günstig erscheine. So würde man für eine normale Pizza Salami ohne viel Chichi schon einmal 30 Euro bezahlen. Das mag zwar stimmen und es klingt unfassbar teuer, aber die Menschen in Norwegen verdienen im Schnitt einfach wesentlich mehr als wir. So gesehen wäre für die Norweger ein Urlaub bei uns in einem Fünf-Sterne-Hotel in Lech wahrscheinlich ein Billigurlaub. Auch das ist eine Perspektive, die man einnehmen kann. Daher muss grundsätzlich die Frage gestellt werden, ob ein dreiwöchiger Urlaub in Norwegen die Verhältnismäßigkeiten zur derzeitigen Verteuerung der Lebenserhaltungskosten repräsentativ widerspiegelt? Nein, tut es nicht, denn wer sich einen solchen Urlaub leisten kann, der h...

Wie soll ich das erklären?

Wie würden Sie einem Kind die Welt von heute erklären. Das Alter des Kindes spielt dabei keine Rolle. Nehmen wir einfach an, es ist ein Kind, das alles versteht und eben genau mit solch einer Frage auf Sie zukommt. Was passiert denn gerade auf der Welt? Wüssten Sie, womit Sie anfangen sollten? Was Sie erwähnen und auslassen würden? Beginnen wir mit den Dingen, die Sie mitunter selbst nicht ganz verstehen. Ich würde diese Ereignisse auslassen. Und da kommen wir schon zum größten Dilemma: Das sind ganz schön viele Dinge, die passieren, aber nicht wirklich verstanden werden oder kognitiv durch einen persönlichen Schutzmechanismus etwas vernebelt wirken. Ereignisse, die wir alle medial jeden Tag mitbekommen, aber die wenigsten von uns verstehen wirklich, worum es dabei im Detail geht. Ist manchmal auch nicht wichtig, aber bei Erklärungsversuchen kommt man dann öfter ins Stocken und fragt sich selbst, was selbst verstanden wurde. Das ist ein enorm wichtiger Punkt. Warum? ...

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Unsere Gesellschaft ist in viele Systeme unterteilt, in denen Menschen nicht nur arbeiten, sondern zugleich auch Teil des Gesamten sind. Das mag auf den ersten Blick etwas kompliziert sein, ist es im Grunde nicht wirklich. Viele dieser Systeme bauen auf einer wesentlichen Säule auf: Vertrauen. Nehmen wir das Gesundheitssystem. Wenn ich krank bin, einen Unfall habe oder gesundheitlich Hilfe benötige, dann bediene ich mich bei dem Gesundheitssystem. Das ist in Österreich gut ausgebaut und auf einem sehr hohen fachlichen Niveau. Als Hilfesuchender bin ich auf Menschen angewiesen, die sich auskennen und mir das Vertrauen geben, dass mir geholfen wird. Würde ich dem System nicht vertrauen oder selbst Experte sein, dann würde ich keine Hilfe suchen. Logisch. In anderen Systemen wie Bildung, Politik oder dem Vereinswesen ist das Vertrauen ebenso ein Grundpfeiler. Vor oder neben diesem Prinzip des Vertrauens stehen Gesetze. Das bedeutet, dass jedes System mithilfe dieser kon...