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Hör mal wer da hämmert


Die Temperaturen in den vergangenen Tagen waren bemerkenswert und für Körper und Geist eine Wohltat. Endlich wieder ausreichend Vitamin D tanken, um dabei mitansehen zu können, wie die Natur langsam aus dem Winterschlaf erwacht. Eindrücklich ist das Morgengezwitscher der Vögel auf dem Weg zur Arbeit. Oft frage ich mich, welche Themen da gezwitschert werden? Machen sich die Vögel vielleicht lustig über uns oder haben sie ganz andere Sorgen? Haben sie überhaupt welche und falls nicht, dann haben sie meinen vollen Neid.

 

Mit Freude über das immer grüner werdende Rundherum werden gedanklich schon die kommenden Garten- und Balkonträume geschmiedet. Wo soll das nächste Hochbeet hin? Welche Gemüsesorten soll man heuer am eigenen Balkon anpflanzen? Wird der Pool der Nachbarn in diesem Jahr wieder so nahe an das eigene Grundstück aufgebaut und falls ja, soll man vorher schon etwas sagen? Das Trampolin der Kinder hat seine Dienste getan und vielleicht kann man jetzt seinen eigenen kleinen Vergnügungspark mit Pool, Trampolin und Co. in eine gemütliche Lounge Ecke umwandeln. Die Heimwerkerträume sind groß und ambitioniert. Wehe es stellt sich jemand oder etwas in den Weg zwischen all den vermeintlichen Heimwerkerkönigen und Heimwerkerköniginnen. Hier muss „gegendert“ werden, da beide Geschlechter sich in der Garten- und Balkontherapie in nichts nachstehen. Jeden, den man in einem Baumarkt antrifft, ist ein Experte in seinem Fach. Fragen an das Personal nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Ansonsten füllen sich die heimischen Baumärkte immer mehr und das Rumgerenne in den Märkten ähnelt schon sehr dem Balzverhalten von Auerhähnen. Mit erhobenem Haupt und stolz geschwellter Brust (meist wird hier die Luft vom Bauchraum in die Brust gepresst) rennt Mann und Frau zielstrebig zu seinen Wunschartikeln. Nur nicht unsicher dreinschauen, auch wenn sich das Sortiment in den Regalen geändert hat. So ist jetzt die Regalreihe der Nägel und Schrauben nicht mehr gleich links vom Eingang, sondern rechts weit hinten bei der Abteilung für Bauholz. Da hat sich der Marktleiter aber wirklich etwas Sinnvolles überlegt. Dennoch treibt einen das Erinnerungsnavi erst einmal links weg: Mist, hier ist jetzt die Lampenabteilung. Aber hey, wie gut, denn eigentlich wollte man schon lange nach einer Solaraußenleuchte suchen, die sich mittels Bewegungsmelder automatisch aktiviert. Das eigentliche Budget ist mit der langersehnten Außenleuchte zwar schon längst überschritten, aber der heurige abgesagte Skiurlaub erlaubt dann am Ende doch ein Mehr an Ausgaben für die Gartentherapie, nein Gartenträume. 

 

Nach gut zwei Stunden im vertrauten Baumarkt nimmt man zufrieden den Weg zur Kasse. Der Einkaufswagen ist doch etwas voller geworden, aber am Ende ist 90 Prozent für den Garten oder Balkon und lediglich 10 Prozent überflüssiges Material. So redet man sich das zumindest ein. Ist völlig anders als ein Besuch in einem schwedischen Einrichtungshaus. Da stimmt das Verhältnis ja nie. 

 

Beim Einladen der gekauften Dinge in den Kofferraum stellt man mit Erschrecken fest, dass unbedingt ein neues Auto mit mehr Ladefläche hermuss. Am Ende betrachtet man die erworbenen Dinge, als sei es ein auf einer einsamen Insel gefundener Schatz. Plötzlich bemerkt man, dass die Schrauben fehlen. Der Grund, warum man eigentlich in den Baumarkt gekommen ist. Dann eben noch einmal kurz rein. Aber wirklich nur kurz. Auf dem Weg in den Baumarkt kommt die Pushnachricht aufs Handy, dass ein erneuter Lockdown auch die Baumärkte betreffen würde. Der Schock sitzt tief und aus dem Schraubenkauf wird dann doch noch ein längerer Aufenthalt im Baumarkt des Vertrauens.

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