Direkt zum Hauptbereich

Oho Vorradelbärg



Zwar als Land ein Zwerg, aber hey – wir sind Vorradelbärg. In den letzten Tagen ist unser Ländle in aller Munde. Medial hören wir immer wieder Berichte über ein gewisses Vorradelbärg oder gar Furradlbärg. Die Gsi‘s fragen sich dann immer: Meinen die etwa unser Vorarlberg? Um es für manche Kollegen aus den östlichen Teilen Österreichs aus den Branchen TV und Radio noch einmal zu sagen: Das westlichste Bundesland Österreichs heißt Vor-arl-berg. Sprachtrainer würden jetzt das arl noch unterstreichen. Vor-arl-berg. Damit soll verdeutlicht werden, dass das arl schneller ausgesprochen wird als Vor und berg. Somit haben wir Gsiberger weder was mit dem Furradl (sprich Fahrrad) noch stehen wir mit dem Fahrrad vor einem Berg. Wobei statistisch gesehen ist der Vorarlberger ein absoluter Fahrradnarr. Nutzten wir selbst in der Pandemiezeit – die ja bekanntlich noch anhält – das Bike, Fahrrad oder Göppl so intensiv wie nie. Also doch ein Land der Fahrräder vor dem Arlberg?

 

Schon alleine die korrekte Aussprache unseres geliebten Ländles - und nur wir nennen und dürfen es auch so nennen (!) - bleibt eine ostösterreichische Herausforderung. Warum sich ein deutsches Bundesland wie Baden-Württemberg auch Ländle nennt, ist für uns Schluchtenscheißer ein Rätsel. Wir Ländle-Ösis sind stolz auf unsere Vor-reiterrolle. Derzeit sowieso. Ein gallisches Dorf im Herzen Europas. Sonderstellung, Sonderregelung. Heißt aber nicht gleich sonderbar. Oder doch? Ja, wir haben einen gewissen Ruf der Eigensinnigkeit oder der Starrköpfigkeit. Wobei kein Vorarlberger starrköpfig sagen würde, höchstens „Du bisch an sturer Bock!“. Die Sonderstellung derzeit bezieht sich aber nicht auf unseren Dialekt und auch nicht auf das fragende „Odr“ an fast jedem Satzende. Ganz Österreich blickt seit dieser Woche auf den Vorarlberger Sonderweg in der Pandemiezeit. Gastro-Öffnung, Freizeit-Öffnung, Öffnung kultureller Veranstaltungen und damit verbunden ein Schritt Richtung Freiheit. Ein kleiner für uns, aber ein großer für die Regierung. Konkret heißt das, dass nur 30 Prozent der Gastrobetriebe in Vorarlberg öffnen, Vereine die sich teilweise komplizierte Konzepte überlegen müssen. Das alles für einen weiteren Schritt in die neue Normalität. Viele sagen sich: „Wenn das die neue Normalität ist, dann pfeif ich drauf.“ Hinter dieser Aussage stehen Hoffnungen auf Rentabilität, Arbeitsplätze und die Chance auf ein Angebot jenseits von 20 Quadratmetern pro Person. 

 

Am Ende dürfen wir uns von den Regierungsverantwortlichen nur anhören, dass alles erdenklich Mögliche getan wurde, um den Wünschen der Bevölkerung nachzukommen. Heißt übersetzt: Ihr könnt ja aufmachen, aber nur unter gewissen Voraussetzungen. 

 

All das macht aber die Tatsache nicht besser, dass bei diesem Hickhack über die europaweite Verteilung von Impfstoffen und die täglich neuen Meldungen über Nebenwirkungen von Vakzinen ein gewisses „Gschmäckle“ übrigbleibt. Das Ländle der Seligen wird als Probebundesland nur dann die Testphase überstehen, wenn es eine schnellere Durchimpfungsrate gibt und die Mutanten von COVID-19 uns nicht doch noch einen gröberen Strich durch die geplante neue Normalität macht. 

 

Furradelbärg hat derzeit sicherlich einen Platz an der Verordnungssonnenseite eingenommen. Auch wenn es meteorologisch nicht wirklich so aussieht, sollten wir uns doch vor einem Sonnenbrand schützen. Wir sind alle miteinander schon einen weiten Weg gegangen. Für viele war dieser Weg zu weit. Auch das sollte uns jeden Tag bewusst sein, wenn wir wieder gemeinsam a Käsknöpfle-Partie im Gasthaus genießen dürfen. Zu welchem Preis, du Ländle, meine teure Heimat?!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Leistbare Perspektiven fehlen

Als ich mich kürzlich mit einem Kollegen unterhalten habe, meinte er in einem Nebensatz zur Thematik Teuerung, Inflation und Co., dass es auf die Perspektive ankomme. Er selbst war drei Wochen in Norwegen im Urlaub. Dort sei alles so unvorstellbar teuer, dass das Leben bei uns wieder günstig erscheine. So würde man für eine normale Pizza Salami ohne viel Chichi schon einmal 30 Euro bezahlen. Das mag zwar stimmen und es klingt unfassbar teuer, aber die Menschen in Norwegen verdienen im Schnitt einfach wesentlich mehr als wir. So gesehen wäre für die Norweger ein Urlaub bei uns in einem Fünf-Sterne-Hotel in Lech wahrscheinlich ein Billigurlaub. Auch das ist eine Perspektive, die man einnehmen kann. Daher muss grundsätzlich die Frage gestellt werden, ob ein dreiwöchiger Urlaub in Norwegen die Verhältnismäßigkeiten zur derzeitigen Verteuerung der Lebenserhaltungskosten repräsentativ widerspiegelt? Nein, tut es nicht, denn wer sich einen solchen Urlaub leisten kann, der h...

Wie soll ich das erklären?

Wie würden Sie einem Kind die Welt von heute erklären. Das Alter des Kindes spielt dabei keine Rolle. Nehmen wir einfach an, es ist ein Kind, das alles versteht und eben genau mit solch einer Frage auf Sie zukommt. Was passiert denn gerade auf der Welt? Wüssten Sie, womit Sie anfangen sollten? Was Sie erwähnen und auslassen würden? Beginnen wir mit den Dingen, die Sie mitunter selbst nicht ganz verstehen. Ich würde diese Ereignisse auslassen. Und da kommen wir schon zum größten Dilemma: Das sind ganz schön viele Dinge, die passieren, aber nicht wirklich verstanden werden oder kognitiv durch einen persönlichen Schutzmechanismus etwas vernebelt wirken. Ereignisse, die wir alle medial jeden Tag mitbekommen, aber die wenigsten von uns verstehen wirklich, worum es dabei im Detail geht. Ist manchmal auch nicht wichtig, aber bei Erklärungsversuchen kommt man dann öfter ins Stocken und fragt sich selbst, was selbst verstanden wurde. Das ist ein enorm wichtiger Punkt. Warum? ...

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Unsere Gesellschaft ist in viele Systeme unterteilt, in denen Menschen nicht nur arbeiten, sondern zugleich auch Teil des Gesamten sind. Das mag auf den ersten Blick etwas kompliziert sein, ist es im Grunde nicht wirklich. Viele dieser Systeme bauen auf einer wesentlichen Säule auf: Vertrauen. Nehmen wir das Gesundheitssystem. Wenn ich krank bin, einen Unfall habe oder gesundheitlich Hilfe benötige, dann bediene ich mich bei dem Gesundheitssystem. Das ist in Österreich gut ausgebaut und auf einem sehr hohen fachlichen Niveau. Als Hilfesuchender bin ich auf Menschen angewiesen, die sich auskennen und mir das Vertrauen geben, dass mir geholfen wird. Würde ich dem System nicht vertrauen oder selbst Experte sein, dann würde ich keine Hilfe suchen. Logisch. In anderen Systemen wie Bildung, Politik oder dem Vereinswesen ist das Vertrauen ebenso ein Grundpfeiler. Vor oder neben diesem Prinzip des Vertrauens stehen Gesetze. Das bedeutet, dass jedes System mithilfe dieser kon...