Moment, werden Sie jetzt denken. Diesen Spruch kenne ich, aber der geht ja anders? Richtig! Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. So würde es korrekt lauten. Bezogen auf die Pandemie wurde schon zu oft ein Ende prognostiziert. Zu oft wurden wir alle mit etwas vertröstet, was mit Stand jetzt nicht wirklich umsetzbar ist. Warum, werden Sie sich jetzt vielleicht fragen? Es gab eine Zeit - noch nicht allzu lange her - da wurde uns versprochen, dass das Ende der Pandemie mit der Impfung kommen wird. Es gab eine Zeit, da war Hoffnung und Vorfreude auf eine „neue Normalität“ mit einem WIR-Gefühl verbunden. Es gab auch eine Zeit, da wurde ich zum Beispiel für meine wöchentlichen Kommentare sowohl gelobt als auch kritisiert, aber nie persönlich verbal angegriffen. All das war einmal und das klingt wahrlich nach dem Beginn eines Märchens – ist es aber nicht.
Derzeit hat man das Gefühl, nur ein Schwarz-Weiß-Denken vorzufinden. Gut gegen Schlecht. Geimpft gegen ungeimpft. Ist das aber gleichzusetzen mit Gut gegen Böse? Wer ist in welchen Augen gut und wer böse?
Kinder stellen angeblich 400 bis 500 Fragen am Tag. Das nimmt leider mit jedem Lebensjahr dramatisch ab. Irgendwann fragen wir nicht mehr, sondern stellen nur noch fest. „Wie groß ist das Universum?“, ist eine solche Frage von Kindern. Die Antwort ist so ernüchternd wie verwirrend: Unendlich. Niemand, weder Kinder noch Erwachsene können sich einen unendlichen Raum vorstellen. Es muss doch irgendwann ein Ende haben. Bei dem Versuch sich Unendlichkeit vorzustellen, scheitern die meisten von uns. Ein Ende kann doch nicht gleichzeitig den Anfang von etwas Neuem bedeuten? Es muss anders sein, es kann nicht dasselbe sein. Um eines klarzustellen: Ein Ende bedeutet immer den Anfang von etwas. Aber wer definiert in unserer jetzigen Situation „Ende“? Wann ist zum Beispiel die Pandemie beendet? Ist sie beendet, wenn in Österreich mindestens 90 Prozent der Bevölkerung geimpft sind? Oder 90 Prozent der Gesamtbevölkerung auf diesem kleinen Planeten im unendlichen Universum? Wenn Corona-Mutationen aus anderen Ländern eingeschleppt werden, in denen die Impfrate im einstelligen Bereich liegen, dann sind ja nicht wir schuld, dass die Pandemie kein Ende findet, „odr“? Regierung und Experten haben uns versprochen, dass nach der Impfung Schluss ist. Nun wird schon eine vierte Impfung von vielen Fachleuten empfohlen. Wann ist da ein Ende in Sicht?
Derzeit versuchen wir in Österreich lediglich eine Welle nach der anderen zu überstehen und wir sind da nicht die einzigen. Aus vielen Staaten hört man einfach nichts mehr und aus anderen Staaten kommen nur tröpfchenweise Informationen an die Öffentlichkeit. Irgendwie hat man das Gefühl, dass es nie wirklich eine weltweite Pandemiestrategie gegeben hat. Daher ist in Zeiten wie diesen „ein Ende vor dem Anfang zu loben“ ein äußerst schlechter Ratgeber.
Weltweite Probleme wie Hungersnöte, Flüchtlingsbewegungen, Klimakrise, Diskriminierung, und und und sind keine Themen, die keinen Anfang haben und mit derzeitigem Stand kein Ende finden, es aber dringend benötigen.
Wenn ein Kind also fragt, wie lange die Pandemie noch dauern wird und wir antworten müssten: unendlich. Dann ist das zwar unvorstellbar, aber es gibt eine Antwort. Ich möchte keinem Kind die Frage beantworten müssen, wer an dieser lang andauernden Pandemie schuld ist. Hier würde ich das Ende vor dem Anfang loben. Das wäre falsch.
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